Vogel fällt erst um 17.09 Uhr

Langes Warten auf Schützenkönig Andreas I. Mischner auf der Festwiese Das war keine leichte Geburt, bis der hölzerne Vogel von der Stange krachte. Unzählige Zigaretten wurden nervös geraucht, betretene Minen waren zu sehen und mancherlei sorgenvolle Bemerkung getauscht. Selbst als das letzte zauselige Stück Kirschholz auf die Wiese niederging, brandete erst verhaltener Applaus auf. Denn erst mussten sich die Verantwortlichen rund um Schießwart Peter Wagner besprechen, bevor sie den Vogel für endgültig gefallen erklärten. Dann, um 17.09 Uhr, hoben die Schützen der dritten Kompanie Andreas I. (Mischner) auf ihre Schultern und ließen den neuen Schützenkönig von Oer hochleben.

Bis dahin waren die Schützen durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen, und mit ihnen rund 1300 Zuschauer auf der Wiese an der Josefstraße. Schließlich mussten erst die Insignien fallen, und das dauerte lange genug.

Die Krone schoss Peter Lange (I. Kompanie) um 11.33 Uhr dem Vogel vom Kopfe, den Kranz erlegte Florian Tritter (I., 11.57 Uhr). Es folgte das Zepter (Christian Grewe, I., 12.28 Uhr) und fix der Apfel (Rainer Kalisch, II., 12.30 Uhr). Danach hieß es Kopf in den Nacken und Atem angehalten, denn erst um 13.48 Uhr löste sich endlich der erste Flügel durch einen Schuss von Andreas Schröder (II.). Zuvor war mehrfach ein bedauerndes \“Oh!\” aus den Reihen der Zuschauer ertönt; der Flügel schien wie angebunden, baumelte ein ums andere Mal wie ein Lämmerschwänzchen und wollte und wollte nicht abbrechen. Um 14.23 Uhr hob Jörg Wiese (III.) das letzte Teil, den rechten Flügel, aus dem Gras.

Danach wartete erst die richtige Zerreißprobe auf die Nerven der Beteiligten. Straff stellten sich die Schützen auf, und Gildenführer Werner Schmülling samt Noch-Königin Doris I. (Kassner) bearbeiteten sie unter dem Motto: \“Königsanwärter vor\”. Vor traten drei – Andreas Mischner, Franz-Josef Runte, der spätere Prinzgemahl, und Christian Corzilius. Letzter wich zum Bedauern der Anwesenden aber wegen fehlender Königinnen-Kandidatin wieder zurück ins Glied. Die Sonne knallte immer intensiver vom Pfingsthimmel, indes sank die Stimmung auf gefühlte 2 Grad minus. Denn das waren entschieden zu wenig Anwärter für den Geschmack der Oerer. Von \“langweilig\” bis \“blamabel\” und \“schockierend\” reichten die Kommentare. Zunächst schossen nun Vorstand und die beiden Anwärter. Nach einer Dreiviertelstunde jedoch standen plötzlich auch Oberst Manfred Stübbe und der stellvertretende Gildenführer Burkhart Hillebrand am Schießgewehr und feuerten mit.

Trotz der nun gewachsenen Zahl der potenziellen Könige brauchte es noch ein ganzes Weilchen, bis die Laune entsprechend dem festlichen Anlass war und Anfeuerungsrufe lauter wurden. Zutiefst erleichert wirkte die Menge, als endlich der neue Regent des grünberockten Volkes erkoren und Königin Gerlinde I. (Lichtenstein) an seine Seite gestellt war. So konnte nach alter Oerer Sitte der weitere Festverlauf seinen jahrzehntelang erprobten Gang nehmen. tu

17. Mai 2005 | Quelle: WAZ (Oer-Erkenschwick)